Die Vorsorgevollmacht

Vorsorgen ist heute wichtiger denn je. Ideal ist hierfür die Erteilung einer Vorsorgevollmacht.

Durch eine Vorsorgevollmacht können Sie im Ernstfall die Anordnung einer gesetzlichen Betreuung vermeiden. Denn ein vom Betreuungsgericht eingesetzter Betreuer ist nach dem Willen des Gesetzgebers dann nicht erforderlich, wenn und soweit ein Bevollmächtigter Ihre Angelegenheiten im Ernstfall ebenso gut wie ein Betreuer regeln kann. Damit wird Ihr Recht auf Selbstbestimmung gestärkt.

Mit einer Vorsorgevollmacht können Sie in gesunden Tagen die Vertrauensperson selbst auswählen, die bei später eintretender Geschäfts- und/oder Einwilligungsunfähigkeit für Sie entscheiden und handeln soll. Die Vorsorgevollmacht darf nicht mit einer Betreuungsverfügung oder Patientenverfügung verwechselt werden.


Inhalt

Vorsorgevollmachten zu gestalten, ist nicht ganz einfach. Die Vollmacht sollte zu Ihnen und Ihrem Leben passen. Da Sie Ihr Leben individuell führen, eignen sich fertige Muster oftmals wenig für wichtige Weichenstellungen im Bereich der Vorsorge. Deshalb unser Rat: Lassen Sie sich rechtlich beraten. Die rechtliche Beratung zahlt sich aus. Denn Fehler, die Ihnen bei der Ausgestaltung der Vollmacht unterlaufen, lassen sich, wenn der Ernstfall erst einmal eingetreten ist, regelmäßig nur schwer oder gar nicht mehr korrigieren. Zudem ist die Vorsorgevollmacht nicht in jedem Fall das geeignete Gestaltungsmittel.

Den Umfang der Vollmacht kann der Vollmachtgeber, das heißt derjenige, der durch die Vollmacht eine Betreuung vermeiden möchte, frei bestimmen. Es empfiehlt sich in der Regel eine umfassende Bevollmächtigung, damit die bevollmächtigte Person auch alle denkbaren Angelegenheiten erledigen kann. Typischerweise wird deswegen die Befugnis eingeräumt, in allen Vermögensangelegenheiten und persönlichen Angelegenheiten für den Vollmachtgeber tätig zu werden.

Vermögensangelegenheiten sind insbesondere die Verwaltung und die Verfügung über das Vermögen, das Eingehen von Verbindlichkeiten, der Abschluss von Verträgen sowie die Vor- und Entgegennahme von Kündigungen, die Beantragung und Entgegennahme von Sozialleistungen, die außergerichtliche und gerichtliche Vertretung gegenüber Personen, Behörden und Gerichten, einschließlich Banken und Kreditinstituten, und die Vertretung in erbrechtlichen Angelegenheiten.

Persönliche Angelegenheiten sind unter anderem die Personensorge, Gesundheitsfürsorge, Aufenthaltsbestimmung und die Entscheidung über die Unterbringung in einem Pflegeheim oder einer geschlossenen Anstalt. Zu diesem Zweck sollte der Bevollmächtigte das Recht erhalten, Krankenunterlagen einzusehen sowie alle Informationen durch die behandelnden Ärzte einzuholen. Bei bestimmten, besonders einschneidenden Maßnahmen wie etwa ärztlichen Zwangsmaßnahmen, kann der Bevollmächtigte nur dann tätig werden, wenn die Maßnahmen schriftlich und ausdrücklich in der Vorsorgevollmacht genannt sind (§ 1829 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2, § 1831 Abs. 1 und 4, § 1832 Abs. 1 und 4 des Bürgerlichen Gesetzbuches).

Wichtig ist auch zu entscheiden, ob der Bevollmächtigte Untervollmacht erteilen darf. Daneben muss das Verhältnis mehrerer Bevollmächtigter zueinander präzise bezeichnet werden. Auch können Regelungen im sogenannten Innenverhältnis zwischen Vollmachtgeber und Bevollmächtigtem erforderlich sein. Regelungsbedürftig ist auch, ob die Vollmacht die Vornahme von Schenkungen umfassen soll und ob die Vorsorgevollmacht gegebenenfalls über den Tod hinaus gelten soll (sog. transmortale Vollmacht). Alle diese Fragen können im Einzelfall kompliziert sein, sodass eine rechtliche Beratung empfehlenswert ist.

In höchstpersönlichen Angelegenheiten wie der Eheschließung und der Testamentserrichtung ist eine Stellvertretung unzulässig.


Bevollmächtigte

Der Bevollmächtigte ist die Person, die aufgrund der Vorsorgevollmacht für Sie handeln soll, wenn Sie entscheidungs- oder einwilligungsunfähig sind. Da Bevollmächtigte anders als vom Gericht bestellte Betreuer grundsätzlich nicht der gerichtlichen Kontrolle und Aufsicht unterliegen, sollten Sie zu dem Bevollmächtigten ein besonderes Vertrauensverhältnis haben. Andernfalls ist zu überlegen, ob eine isolierte Betreuungsverfügung, also eine Betreuungsverfügung ohne gleichzeitige Errichtung einer Vorsorgevollmacht, vorzugswürdig ist.

Da die Anordnung einer gesetzlichen Betreuung im Ernstfall nur dann nicht erforderlich ist, wenn ein Bevollmächtigter Ihre Aufgaben ebenso gut wie ein Betreuer besorgen kann, sollten Sie eine Vertrauensperson auswählen, die in der Lage ist, im Ernstfall Ihre Angelegenheiten wahrzunehmen. Dabei kann eine Rolle spielen, ob die Vertrauensperson der mit der Vorsorgevollmacht verbundenen Verantwortung gewachsen ist. Stellen Sie sich stets auch die Frage, ob die Vertrauensperson im Ernstfall greifbar ist, um sich um Ihre Angelegenheiten zu kümmern.


Form

Wer seine Vorsorgevollmacht beim Notar beurkunden lässt, kann sich darauf verlassen, dass seine Bevollmächtigten im Falle eines Falles alles wie gewünscht regeln können (Finanztest der Stiftung Warentest, Das Vorsorge-Set, 6. Auflage, S. 34).

Für Vollmachten gilt im Grundsatz das Prinzip der Formfreiheit. Allerdings sollten Vorsorgevollmachten zu Nachweiszwecken mindestens schriftlich gefasst werden. Ideal ist es, die Vorsorgevollmacht notariell beurkunden zu lassen. Das bringt zusätzliche Vorteile und ist für bestimmte Geschäfte sogar zwingend vorgeschrieben. 

Sofern die Vorsorgevollmacht – etwa zum Vollzug von Grundstücksgeschäften durch die oder den Bevollmächtigten – dem Grundbuchamt vorzulegen ist, muss sie zumindest in öffentlich beglaubigter Form erteilt worden sein. Gleiches gilt, wenn die Vollmacht – beispielsweise anlässlich einer Vertretung in unternehmensbezogenen Angelegenheiten – dem Handelsregister elektronisch einzureichen ist. Privatschriftliche Vorsorgevollmachen werden dort nicht anerkannt. Der Abschluss eines Verbraucherkreditvertrages durch einen Bevollmächtigten ist sogar nur dann möglich, wenn die Vollmacht beurkundet wurde. Eine betreuungsbehördlich beglaubigte Vorsorgevollmacht verliert ihre Beglaubigungswirkung mit dem Tod des Vollmachtgebers. Insgesamt gilt daher, dass nur die notarielle Beurkundung alle im Einzelfall für Vorsorgevollmachten sich ergebenden Formerfordernisse wahrt. Gerade im Falle einer potenziellen Verwendung gegenüber Banken und Behörden ist die notarielle Form aber auch darüber hinaus empfehlenswert.

Vorteile der notariellen Form sind:

Der Notar sorgt für rechtssichere Formulierungen und berät über die Tragweite und den Vertrauenscharakter der Vorsorgevollmacht. Er schützt vor inhaltlich fehlerhaften bzw. ungenau abgefassten Vollmachten.

Die notarielle Urkunde verschafft Gewissheit über die Identität des Vollmachtgebers. Das ist in Vorsorgefällen besonders wichtig, weil sich der Betroffene im Fall der Fälle nicht mehr selbst äußern kann.

Der Notar trifft in der Urkunde Feststellungen zur Geschäftsfähigkeit des Vollmachtgebers. Er verweigert seine Mitwirkung, wenn der Vollmachtgeber bereits geschäftsunfähig sein sollte. Die wirksame Errichtung der Vorsorgeurkunde kann daher später schwieriger angezweifelt werden.

Die Urschrift der notariell beurkundeten Vorsorgevollmacht verwahrt der Notar. Er kann auch nach Jahrzehnten den Vertrauenspersonen Ausfertigungen erteilen, falls dies erforderlich sein sollte. Die Ausfertigung ist eine offizielle Kopie des Originals, die im Rechtsverkehr zum Nachweis der Vorsorgevollmacht dient. Dadurch wird verhindert, dass die Vertrauensperson faktisch handlungsunfähig wird, weil sie aufgrund des Verlustes der Originalurkunde (Urschrift) ihre Vollmacht im Rechtsverkehr nicht (mehr) nachweisen kann.

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